Die auf der Halbinsel La Guajira im Nordosten Kolumbiens gelegene Mine El Cerrejón ist mit einer Gesamtfläche von 69.000 Hektar der größte Steinkohletagebau der Welt. 1980 wurde mit den Erschließungsarbeiten begonnen, damals unter Federführung des US-Ölkonzerns Exxon. 2008 wurden 31,3 Millionen Tonnen Kohle gefördert. Das entspricht gut 42 Prozent der gesamten Kohleproduktion Kolumbiens. Bis 2017 soll die Förderung auf 60 Millionen Tonnen jährlich ausgeweitet werden. Der Vertrag zwischen Cerrejón und dem kolumbianischen Staat läuft bis 2034. Als Besitzer der Mine fungieren heute zu je einem Drittel Anglo American, BHP Billiton und Glencore plc. 2013 erzielte Cerrejón Ltd. einen Umsatz von ca. 2,3 Milliarden US Dollar. Insgesamt setzte der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore plc (CEO Ivan Glasenberg) 233 Milliarden US Dollar im Jahr 2013 um (zum Vergleich: Jahresumsatz der Nestlé AG betrug 102 Milliarden US Dollar).
In den drei letzten Jahrzehnten wurde durch die Mine sowie durch die Eisenbahnlinie (150 Kilometer bis zur Karibikküste in Puerto Bolívar) und den Hafen große Teile des Territoriums der Wayúu zerstört. Der Río Ranchería fließt durch das Abbaugebiet und soll in den nächsten Jahren auf einer Länge von 26 Km umgeleitet werden. Der Fluss ist die wichtigste Wasserader der Halbinsel La Guajíra, versorgt 250.000 Menschen mit Wasser und spielt im spirituellen Leben der Wayúu eine zentrale Rolle.
Die Kohlezüge mit durchschnittlich einhundert Waggons durchqueren im 30-Minuten-Takt die Halbinsel. Die Menschen, die entlang der Strecke leben, sind seit Beginn des Kohlebooms konfrontiert mit betäubendem Lärm, Staub und schweren Unfällen. Trotz des Kohlebergbaus und den daraus resultierenden Steuern und Abgaben, die von den Minenbetreibern seit 30 Jahren an den kolumbianischen Staat gezahlt werden, zählt das Departamento La Guajira heute zu den ärmsten Regionen Kolumbiens.
Im Fall von Tamaquito hat der Konzern sukzessive die gesamten Waldflächen rund um Tamaquito aufgekauft. Der direkte Zugang zum Fluss ging dadurch verloren, Jagd und Subsistenzwirtschaft in der Umgebung des Dorfes wurden verboten. Mehrere Dörfer mussten der Mine bereits Platz machen. Große internationale Aufmerksamkeit erntete ein skandalöser Vorfall vom 9. August 2001, als das Dorf Tabaco mit Gewalt geräumt und zerstört wurde. Hier wurden nicht nur Bulldozer der Mine eingesetzt, auch das kolumbianische Militär und Polizeieinheiten waren an der Aktion beteiligt. Laut ask!, der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, die sich für Menschenrechte und Friedensförderung einsetzt, verspricht Cerrejón heute kollektive ländliche Umsiedlungen nach internationalen Standards. Allerdings ist deren Umsetzung nach wie vor mangelhaft.
Erst am 11. September 2014 kam es erneut zu einem Eklat: Cerrejón drohte der Dorfgemeinschaft Las Casitas mit der Enteignung. Während bei Las Casitas nach wie vor nicht geregelt ist, wer für die Umsiedlung anspruchsberechtigt ist, klagen die vier bereits umgesiedelten Gemeinschaften über Wassermangel, fehlende Einkommensmöglichkeiten und den Verlust ihrer kulturellen Identität. Zudem wurde bekannt, dass die Luftverschmutzung an den neuen Orten zum Teil noch höher ist als zuvor.
Weil Kolumbien Deutschlands größter Kohlelieferant ist, geraten deutsche Kohleimporteure wie RWE, E.on, STEAG, Trianel oder EnBW immer wieder in den Focus von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, die den Energiekonzernen vorwerfen, Verletzungen von Umwelt- und Menschenrechtsstandards in den Förderländern zu dulden. Fakt ist, dass es weiterhin kaum Transparenz über die Lieferbeziehungen gibt und somit einer Missachtung von Grundrechten Tür und Tor geöffnet ist.